Eine Glosse

Manches geht nur ganz oder gar nicht. Man kann nicht nur ein bisschen schwanger sein oder ein bisschen tot. Man ist es oder man ist es nicht. Genauso implodieren Teilzeitvegetarier:innen in ihrer eigenen oxymoronbedingten Unmöglichkeit. Man kann nicht nur manchmal nie Fleisch essen. Das Vegetarier:innendasein schließt Konsequenz mit ein. Ich würde sogar sagen, gleichermaßen wie immer mehr Menschen stets vegetarisch essen, steigt auch die Konsequenz in unserer Gesellschaft. Doch eigentlich würde ich es lieber umgekehrt sagen: Die ansteigende Konsequenz führt zu dem ansteigenden Vegetarismus.
Hiermit will ich aber ein Plädoyer für weniger Konsequenz halten (ohne dass ich gegen Vegetarier:innen bin). Ich stehe weder für das ganz noch das gar nicht, dafür aber für das irgendwas dazwischen. Ich hätte den Satz mit dem vegetarisch essen und der Konsequenz noch umändern können, sodass er gleich in der richtigen Reihenfolge kommt. Aber obwohl ich den Satz mag, ist er mir nicht wichtig genug, zurückzugehen und nochmal alles zu ändern. Wer das für faul hält, hat nicht verstanden, dass ich dafür immer noch schreibe, anstatt am Text herumzudoktern, bis er makellos ist. Ich habe die gesündere Variante gewählt. Halbherzigkeit führt zu Ergebnissen, die nicht perfekt sind, mit denen man aber leben kann. Dagegen ist Konsequenz das Streben nach Perfektion, die niemals erreicht werden kann. In Wirklichkeit kann man das meiste nicht scharf abgrenzen. Es fängt schon beim Glas an, bei dem sich die Menschen nie einig werden, ob es halb voll oder halb leer ist. Würde das Wasser aber nicht genau bei der Hälfte stehen, wäre dieses Glas allen egal. Dabei ist so ungefähr in der Mitte oft genau das Richtige. Wenn etwas nicht egal, aber auch nicht wahnsinnig wichtig ist, kommt man am gemütlichstem mit ihm zurecht. Mittelmäßigkeit tut gut.
Konsequenz ist ein theoretisches Konstrukt, dass die Lebensrealität oft nicht überlebt, und zurecht: Wer im Vorhinein festlegt, dass nur das eine richtig und das andere falsch ist, ist nicht mehr flexibel, wenn es doch anders als erwartet kommt. Es würde ja auch niemand Vernünftiges behaupten, dass man niemals im Leben lügen soll, dass man sich gegenüber Kindern immer durchsetzen muss und dass man niemals sinnlos durch Social Media Feeds scrollen darf.
Wer andere motivieren will, mehr Sport zu treiben, aber selbst mal ein Wochenende im Bett liegt, wirkt fake. Aber ist es nicht mehr fake, wenn eine Person zu jeder Zeit ein perfektes Vorzeigebild abgibt? Jemand kann unglaublich motiviert für den eigenen Job sein, sich aber trotzdem auf den Feierabend freuen.
Konsequenz baut Druck auf. Mit diesem Plädoyer will ich jedoch meine Überzeugung ausdrücken, dass wir uns alle nicht so stressen sollen. Eine Arbeit, die statt zu 100% nur 80% perfekt ist, ist auch okay. Man kann die eigenen Ziele erreichen, aber auch mal in den Park gehen oder mit Freund:innen am Abend zusammensitzen.
Ich kann das jetzt noch ausführen, aber mir fällt gerade nichts mehr ein. Das ist aber okay, weil was schon steht, ist auch schon was. Alle haben inzwischen verstanden, was ich meine, und können sich den Rest selber denken. Damit gebe ich mich zufrieden und schließe den Text so ab.