Du hast dich schon immer gefragt, wozu du tausend und abertausend sinnlose Stunden mit Lateinlernen verbracht hast? Wir zeigen dir die optimale Anwendungsmöglichkeit dieser Sprache: Schönes Fluchen. Der folgende Text illustriert an einem praktischen Beispiel (ein offener Brief einer ehemaligen Schülerin an das Bildungssystem), wie du Latein sinnvoll nutzen kannst, um die linguistischen Obszönitäten deines Alltags zu vergolden.

Odiosum Bildungssystem,
Ich will gar nicht lange um die Schei–, pardon, die stercorem herumreden: Die einzigen, die sich noch positiv über dich äußern, sind irgendwelche arrogantes Minister:innen, die glauben, deine ganze ineptiae käme der Entwicklung der Jugend irgendwie zugute; und das, obwohl erstere seit einem Jahrhundert nicht mehr in der Schule waren (aber trotzdem meinen, sie hätten Ahnung) und letztere seit einem Jahrhundert nicht mehr hingehen will (aus gutem Grund).
Dass du komplett veraltet und voller stultissimi Flops bist, die jeglicher Grundlage entbehren (zum Beispiel ‚Wir jagen alle Kinder zehn Jahre lang durch haufenweise Fächer durch, die sie nicht interessieren, weil die wissen ja eh nicht, was sie wollen‘) scheint allen am podici vorbeizugehen; vielleicht sind auch alle so plumbeus, dass sie das Ausmaß der ganzen stercoris wirklich nicht kapieren, ich bin mir nicht ganz sicher. Aus irgendeinem Grund raffen sie jedenfalls nicht, dass deine Inhalte zu fünfzig Prozent aus perfectae stultitiae bestehen und nicht mal zum cacare taugen; warum bringst du den Leuten fünfzehn mal bei, das ohmsche Gesetz ohne Taschenrechner zu berechnen, anstatt ihnen zu sagen, was sie machen müssen, wenn bei ihrem Stromkasten mal wieder der FI-Schalter rausfliegt? Und dann immer dein ineptum ‚Allgemeinbildungs‘-Argument; das meiste, was du den Leuten ins Hirn zu hämmern versuchst, kann nicht so allgemein sein, sonst würde man das merda-Zeug nicht einen Tag nach der Matura wieder vergessen und im ganzen Leben nie wieder brauchen.
Zum Fick nochm–, Entschuldigung: Ad futuendum, da sollte mal irgendwer kommen und den ganzen Laden stercore egerere, damit du endlich kapierst, dass Interessen verschieden sind und nicht alle Schüler:innen die Berechnung des ohmschen Gesetzes so spannend finden; es gibt mindestens gleich viele, die mehr davon profitieren würden, Norwegisch, drei neue Musikinstrumente oder Baseball zu lernen. Höchste Zeit, dass du dich aus der cloacae maximae, in der du seit dem achtzehnten Jahrhundert festzustecken schienst, rausziehst und dich ein bisschen modernisierst.
Auf Nimmerwiedersehen und lambe mihi podicem,
eine anonyme Ex-Schülerin
Wichtige Vokabeln:
odiusus, -a, -um ‚verhasst‘
stercus, stercoris ‚Scheiße‘
arrogans, arrogantis ‚eingebildet‘
ineptiae ‚Unsinn‘
stultus, -a, -um ‚dumm‘,
podex, podicis ‚Arsch‘
plumbeus, -a, -um ‚stumpfsinnig‘, ‚verblödet‘
perfecta stultitia ‚ausgemachter Blödsinn‘
cacare ‚kacken‘
ineptus, -a, -um ‚kindisch‘, ‚albern‘
merda ‚Scheiße‘
ad futuendum (futuere) ‚um zu ficken‘ (ficken)
stercore egerere ‚ausmisten‘
cloaca maxima ‚unterirdischer Abzugskanal, Kloake‘
lambe mihi podicem ‚leck mich am Arsch‘